hr-iNFO Büchercheck: Verlangen und Melancholie von Bodo Kirchhoff

hr-iNFO Büchercheck: Verlangen und Melancholie von Bodo Kirchhoff

11.09.2014

Im hr-iNFO Büchercheck heute der neue Roman von Bodo Kirchhoff, dem Frankfurter Autoren. Erst vor zwei Jahren hat er ein großes Buch über die Liebe und die Ehe geschrieben. Und um die Liebe geht es auch in dem neuen Roman. Oder besser, um das, was nach dem Tod eines Ehepartners übrig bleibt. „Verlangen und Melancholie“ ist der Titel.
hr-iNFO Bücherchecker Frank Statzner hat ihn gelesen.

Worum geht es?
„Verlangen und Melancholie“, der Buchtitel, bringt es auf den Punkt. Der Fixpunkt von Hinrichs Gedanken ist das „warum?“. Warum hat sich seine Frau umgebracht?
Auf den ersten Blick war diese Ehe gut. Leidenschaft, gemeinsame Interessen, anregende Reisen vor allem nach Italien, eine Tochter, ein Enkelsohn, Wohnung in Frankfurt-Sachsenhausen – alles gutbürgerlich. Aber es gibt Brüche. Hinrich hat durchaus Erfolg und Reputation in seinem Beruf, wenn er auch als Regionalkulturchef einer Zeitung immer im Schatten des großen Feuilletons steht. Und Hinrich gewinnt über die Stationen seiner Melancholie und seines Verlangens nicht nur viele neue Einsichten in sein Leben, er muss sich auch verabschieden von manchen Fehleinschätzungen und einige neue Gewissheiten annehmen.

Wie ist es geschrieben?
Bodo Kirchhoff ist ein Meister seines Fachs. Sein Text fließt, teils rhythmisch, teils in sanften Schwingungen, immer vorwärts treibend. Seine Sprache ist mitunter elegisch oder schwärmerisch, vereinzelt aber auch verstörend direkt. Kirchhoff erzählt in Bildern, die starke Emotionen tragen, Stimmungen aufbauen. Und plötzlich überrascht er dann mit einem Kernsatz zum Leben. Zum Beispiel zur Liebe, zur Ehe, zum Begehren, zur Trauer. Das sind dann die Momente, in denen aus diesem eleganten Stil der nackte Mensch hervortritt, allein mit sich selbst und seiner Existenz vor dem Spiegel. Zum Beispiel, als Hinrich in Pompeji die Überreste einer römischen Familie betrachtet.

So wie man die Hände an eine Skulptur legt, um mit dem Wahren, Schönen, Guten in Kontakt zu kommen, der Größe der Kunst, wollte ich diese Figuren anfassen, die eigentlich nichts waren, nur ausgegossener Hohlraum, und doch alles zeigten, den Moment vor der Auflösung in pyroplastischer Glut, und mit ihnen das Grauen berühren.

Wie gefällt es?
Die Worte kommen immer erst, wenn das Schlimmste vorbei ist, aber dann kommen sie mit Macht.“ Was für ein Satz! Und von dieser Güte gibt es etliche in diesem Roman. Kirchhoffs Art zu schreiben, der Rhythmus, die Bilder, die Sprache, das alles fesselt. Spannend auch, wie Kirchhoff diesen Hinrich psychologisch entwickelt und schrittweise an die Untiefen seines Lebens heranführt. Und beeindruckend immer wieder die Erkenntnisse und Kernsätze zum Leben, die er aus der Handlung heraus generiert. Ich mochte dieses Buch gar nicht mehr aus der Hand legen.

 

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gebundenes Buch, 448 S.
Sprache: Deutsch
FVA-Frankfurter Verlagsanstalt GmbH
ISBN: 9783627002091